Add parallel Print Page Options

Die Sehnsucht der Braut nach dem Geliebten

Ich bin eine Narzisse von Saron,
eine Lilie der Täler.

Salomo:

Wie eine Lilie unter den Dornen,
so ist meine Freundin unter den Töchtern!

Sulamit:

Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes,
so ist mein Geliebter unter den Söhnen!
In seinem Schatten saß ich so gern,
und seine Frucht war meinem Gaumen süß.

Er führte mich ins Weinhaus,
und die Liebe ist sein Banner über mir.

Stärkt mich mit Rosinenkuchen,
erquickt mich mit Äpfeln;
denn ich bin krank vor Liebe!

Er lege seine Linke unter mein Haupt
und umarme mich mit seiner Rechten!

Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems,
bei den Gazellen oder den Hindinnen[a] des Feldes:
Erregt und erweckt nicht die Liebe,
bis es ihr gefällt![b]

Da ist die Stimme meines Geliebten!
Siehe, er kommt!
Er springt über die Berge,
er hüpft über die Hügel!

Mein Geliebter gleicht einer Gazelle
oder dem jungen Hirsch.
Siehe, da steht er
hinter unserer Mauer,
schaut zum Fenster hinein,
blickt durchs Gitter.

10 Mein Geliebter beginnt und spricht zu mir:

»Mach dich auf, meine Freundin,
komm her, meine Schöne!

11 Denn siehe, der Winter[c] ist vorüber,
der Regen hat sich auf und davon gemacht;[d]

12 die Blumen[e] zeigen sich auf dem Land,
die Zeit des Singvogels[f] ist da,
und die Stimme der Turteltauben[g]
Lässt sich hören in unserem Land;

13 am Feigenbaum röten sich die Frühfeigen,
und die Reben verbreiten Blütenduft;[h]
komm, mach dich auf, meine Freundin;
meine Schöne, komm doch!

14 Meine Taube in den Felsenklüften,
im Versteck der Felsenwand;[i]
Lass mich deine Gestalt sehen,
Lass mich deine Stimme hören!
Denn deine Stimme ist süß,
und lieblich ist deine Gestalt.«

15 Fangt uns die Füchse,
die kleinen Füchse,
welche die Weinberge verderben;
denn unsere Weinberge stehen in Blüte!

16 Mein Geliebter ist mein,
und ich bin sein,
der unter den Lilien weidet.

17 Bis der Tag kühl wird
und die Schatten fliehen,
kehre um, mein Geliebter,
sei gleich der Gazelle
oder dem jungen Hirsch
auf den zerklüfteten Bergen!

Footnotes

  1. (2,7) poetische Bezeichnung für Hirschkühe.
  2. (2,7) Dieser Vers ist der Refrain des Hoheliedes und markiert die vier Teile des Hoheliedes (2,7; 3,5; 8,4).
  3. (2,11) ca. zweite Oktoberhälfte bis Ende März. Die Verse 11-14 beschreiben den Jahreszyklus.
  4. (2,11) ca. Ende März.
  5. (2,12) Das hebr. Wort bezeichnet wohl den Anfang April blühenden roten Hahnenfuß.
  6. (2,12) w. des Samir; ein Vogel, dessen Gesang während der Paarungszeit im April plötzlich einen besonderen Wohlklang bekommt.
  7. (2,12) Paarungszeit der Turteltauben: früh im Mai.
  8. (2,13) Ende Mai.
  9. (2,14) Die wilden Tauben mit Nestern in den Felsklüften paaren sich von Mai bis Mitte Juni.

Du bist einzigartig!

Sie:

Ich bin nur eine Narzisse in der Scharon-Ebene,
eine Lilie aus den Tälern.

Er:

Ja, eine Lilie bist du, meine Freundin,
eine Lilie unter lauter Dornen,
schöner als alle anderen Mädchen!

Sie:

Und du, mein Liebster,
bist wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes,
du übertriffst alle anderen Männer!
Im Schatten dieses Baumes möchte ich ausruhn
und seine süßen Früchte genießen.

Ich bin krank vor Liebe

Sie:

Ins Weinhaus[a] hat er mich geführt,
dort zeigt er mir, wie sehr er mich liebt[b].
Stärkt mich mit Rosinenkuchen,
erfrischt mich mit Äpfeln,
denn ich bin krank vor Liebe!
Sein linker Arm liegt unter meinem Kopf,
und mit dem rechten hält er mich umschlungen.
Ihr Mädchen von Jerusalem,
ich beschwöre euch bei der Liebe selbst[c]:
Weckt sie nicht auf und facht die Leidenschaft nicht an,
bis die Zeit dafür kommt![d]

Die Regenzeit ist vorbei – der Frühling ist da!

Sie:

Da kommt mein Geliebter!
Ich höre es, ja, ich kann ihn schon sehen!
Er springt über die Berge und hüpft über die Hügel.
Schnell wie eine Gazelle läuft er,
flink wie ein Hirsch.
Schon steht er vor dem Haus!
Er späht durch das Gitter,
blickt zum Fenster herein.

10 Er sagt zu mir:
»Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!
11 Die Regenzeit liegt hinter uns,
der Winter ist vorbei!
12 Die Blumen beginnen zu blühen,
die Vögel zwitschern,
und überall im Land
hört man die Turteltaube gurren.
13 Die ersten Feigen werden reif,
die Reben blühen und verströmen ihren Duft.
Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!
14 Versteck dich nicht wie eine Taube im Felsspalt,
bleib mir nicht fern!
Zeig mir dein schönes Gesicht
und lass mich deine wunderbare Stimme hören!«

Die Mädchen:

15 Fangt uns doch die kleinen Füchse[e],
denn sie verwüsten den Weinberg,
wenn die Reben in schönster Blüte stehn.

Sie:

16 Nur mir gehört mein Liebster,
und ich gehöre ihm.
Er allein darf zwischen den Lilien weiden.
17 Abends, wenn es kühl wird
und die Nacht ihre Schatten über das Land breitet,
dann komm zu mir, mein Liebster!
Sei schnell wie eine Gazelle,
flink wie ein junger Hirsch,
der über die rauen Berge springt!

Footnotes

  1. 2,4 Vermutlich ein frei stehendes Haus, in dem immer wieder Feste gefeiert wurden.
  2. 2,4 Wörtlich: die Liebe ist sein Banner über mir.
  3. 2,7 Wörtlich: bei den Rehen und Gazellen. – Diese Tiere galten als Symbole der Liebe.
  4. 2,7 Oder: Schreckt uns nicht auf, stört unsere Liebe nicht, bis es ihr selber gefällt!
  5. 2,15 »Füchse« steht hier vermutlich für andere Männer, die um die Zuneigung der jungen Frau werben.