Gott zieht Jerusalem und ganz Israel zur Rechenschaft (Kapitel 4–24)

Jerusalem wird belagert

»Du Mensch, nimm dir einen Ziegelstein, leg ihn vor dich hin und ritz die Umrisse der Stadt Jerusalem hinein! Mit diesem Stein sollst du vormachen, wie Jerusalem belagert werden wird: Schütte rings um ihn einen Wall auf, bau eine Angriffsrampe und setz von allen Seiten Rammböcke gegen die Mauer. Leg außerdem befestigte Heerlager rundherum an! Nimm dann ein Backblech aus Eisen und stell es als eiserne Mauer zwischen dich und den Stein mit der Stadt! Wende dich gegen die Stadt und tu so, als würdest du sie belagern! Auf diese Weise sollst du den Israeliten zeigen, was sie erwartet.

4-5 Dann leg dich auf die linke Seite als Zeichen dafür, dass du die Schuld des Volkes Israel auf dich nimmst! 390 Tage musst du am Boden liegen, denn genauso viele Jahre haben sie mich verlassen. Danach leg dich auf die rechte Seite und trag die Schuld des Reiches Juda: Vierzig Tage bürde ich dir diese Last auf, einen Tag für jedes Jahr, in dem sie sich von mir abgewandt haben. Richte deinen Blick dabei auf das belagerte Jerusalem, droh den Leuten mit erhobener Faust und kündige ihnen mein Gericht an. Schau, ich binde dich mit Stricken fest, damit du dich nicht von einer Seite auf die andere drehen kannst, bis du diese Zeit der Belagerung überstanden hast.

Hol dir vorher noch Weizen, Gerste, Bohnen, Linsen, Hirse und Dinkel, vermenge sie in einem Gefäß und backe Brot daraus. Solange du auf der linken Seite liegst, 390 Tage lang, sollst du davon essen. 10-11 250 Gramm Brot und einen Dreiviertelliter Wasser darfst du an einem Tag zu dir nehmen. Wieg sie genau ab, und dann iss und trink zu festgelegten Zeiten!

12 Bereite das Brot so zu wie Gerstenbrot und back es vor aller Augen über einem Feuer, das du mit Menschenkot anheizt! 13 Denn ich sage dir: Wenn ich die Israeliten verstoße und sie unter fremden Völkern leben, werden sie ebenfalls Brot essen müssen, das nach dem Gesetz als unrein gilt.« 14 Entsetzt erwiderte ich: »Ach, Herr und Gott! Du weißt doch, dass ich mich noch nie verunreinigt habe! In meinem ganzen Leben habe ich nie von einem verendeten oder zerrissenen Tier gegessen, nie habe ich unreines Fleisch in den Mund genommen!« 15 »Nun gut«, antwortete der Herr, »ich gestatte dir, das Brot auf dem Mist von Rindern statt auf Menschenkot zu backen.«

16 Und er fügte hinzu: »Du Mensch, schon bald lasse ich alle Vorräte in Jerusalem zu Ende gehen. Dann müssen sie genau wie du ihr Brot und Wasser streng einteilen. Ständig werden sie in Angst und Sorge leben. 17 Ja, Brot und Wasser werden so knapp, dass die Einwohner verzweifeln und sie einer nach dem anderen zugrunde gehen. So müssen sie für ihre Schuld büßen.«

Gottes Strafe trifft Jerusalem

Gott befahl mir: »Du Mensch, nimm ein scharfes Schwert! Benutz es als Schermesser und schneide dir damit die Haare und den Bart ab! Dann hol eine Waage und teile die Haare gleichmäßig auf! Ein Drittel sollst du mitten auf den Stein mit den Umrissen von Jerusalem legen und dort verbrennen, nachdem du die Belagerung der Stadt nachgestellt hast. Das zweite Drittel zerkleinere mit dem Schwert und verteile es rings um den Stein herum, das letzte Drittel streu in den Wind! Denn ich werde die Einwohner von Jerusalem mit gezücktem Schwert vertreiben. Behalte nur wenige Haare zurück und steck sie in dein Gewand! Aber auch von ihnen sollst du noch einige herausnehmen: Wirf sie ins Feuer und lass sie verbrennen! Das Feuer wird sich ausbreiten und das ganze Volk Israel verzehren.

Ich, Gott, der Herr, sage: Schaut euch Jerusalem an! Ich habe es zum Mittelpunkt aller Völker und Länder gemacht, aber seine Einwohner haben sich gegen mich aufgelehnt und meine Weisungen in den Wind geschlagen. Darin haben sie alle Völker ringsum übertroffen. Ja, sie verwerfen mein Gesetz, sie wollen nicht nach meinen Geboten leben. Nun kündige ich, Gott, der Herr, ihnen an: Weil ihr es noch schlimmer getrieben habt als die Völker um euch her, weil ihr euch nicht nach meinen Weisungen und Geboten, ja, nicht einmal nach Recht und Sitte der anderen Völker gerichtet habt, darum wende ich selbst, der Herr, mich nun gegen euch. Vor den Augen aller Völker ziehe ich euch zur Rechenschaft. Darauf könnt ihr euch verlassen! Weil ihr genau das tut, was ich verabscheue, werde ich euch so hart bestrafen, wie ich es vorher noch nie getan habe und auch nie wieder tun werde. 10 Mitten in Jerusalem werden Väter und Kinder sich gegenseitig töten und aufessen. Ich halte Gericht über euch und zerstreue die Überlebenden in alle Winde.

11 Ich, Gott, der Herr, schwöre, so wahr ich lebe: Weil ihr meinen heiligen Tempel mit all euren widerlichen Götzen und abscheulichen Taten entweiht habt, werde ich Jerusalem kahl scheren. Keine Träne werde ich um euch vergießen, kein Mitleid mit euch haben. 12 Ein Drittel von euch geht in der Stadt zugrunde – durch Seuchen oder Hunger. Das zweite Drittel wird vor den Mauern Jerusalems mit dem Schwert niedergemetzelt, und den Rest zerstreue ich in alle Winde – mit gezücktem Schwert werde ich sie vertreiben. 13 Ich nehme Rache und gieße meinen Zorn über euch aus. Wenn er euch mit voller Wucht trifft, werdet ihr erkennen, dass ich, der Herr, leidenschaftlich versucht habe, euch zu warnen.

14 Dich, Jerusalem, mache ich zu einem Trümmerhaufen. Alle Völker ringsum werden dich verhöhnen – ja, jeder, der an dir vorübergeht, 15 hat dann nur noch Hohn und Spott für dich übrig. Du wirst ein Bild des Schreckens und ein warnendes Beispiel für deine Nachbarvölker sein, wenn ich mit dir ins Gericht gehe und dich verurteile. Dann trifft dich die ganze Härte meines Zorns. Darauf gebe ich, der Herr, mein Wort.

16 Ihr Einwohner von Jerusalem, euren Brotvorrat lasse ich zu Ende gehen, der Hunger wird euch quälen wie tödliche Pfeile. 17 Hungersnot und wilde Tiere rauben euch die Kinder; Seuchen, Krieg und Gewalt richten euch zugrunde. Mein Wort gilt!«

Ich reiße eure Opferstätten nieder!

Da empfing ich noch einmal eine Botschaft vom Herrn. Er sprach zu mir: »Du Mensch, blick in die Richtung, wo die Berge Israels liegen, und kündige ihnen mein Strafgericht an! Sag ihnen: Ihr Berge Israels, hört die Botschaft des Herrn! Denn so spricht Gott, der Herr, zu euch Bergen und Hügeln, zu euch Bächen und Tälern: Schon bald vernichte ich eure Götzenopferstätten, ja, ich zerschlage sie mit dem Schwert. Eure Altäre werden niedergerissen und die Säulen für die Räucheropfer zerbrochen. Wer vor den abscheulichen Götzenstatuen geopfert hat, der wird an Ort und Stelle umkommen. Die Leichen werfe ich den Götterfiguren vor die Füße, und ihre Knochen verstreue ich rings um die Altäre. In ganz Israel liegen dann die Städte in Trümmern, und die Opferstätten auf den Bergen werden zerstört. Von den Altären bleibt nur noch Schutt übrig, die widerlichen Götzenstatuen liegen zerschmettert am Boden, und die Säulen für die Räucheropfer sind in tausend Stücke zerschlagen. Ja, all eure Machwerke wird es dann nicht mehr geben! Das ganze Land wird mit Leichen übersät sein, die Überlebenden aber werden erkennen, dass ich der Herr bin.

Denn ich werde von euch Israeliten einige übrig lassen, die dem Schwert entkommen und in fremde Länder verschleppt werden. Wenn dies alles eintrifft, werdet ihr wieder an mich denken. Ihr werdet begreifen, dass ich euch bestrafen musste, weil ihr[a] mir untreu geworden und anderen Göttern nachgelaufen seid. Dann werdet ihr euch selbst und euren grässlichen Götzendienst verabscheuen. 10 Ihr werdet erkennen, dass ich der Herr bin und euch dieses Unheil nicht umsonst angedroht habe.«

11 Weiter sprach Gott, der Herr, zu mir: »Schlag die Hände zusammen, stampf mit dem Fuß auf den Boden und rufe: Wehe den Israeliten! Das Unheil wird über sie hereinbrechen wegen ihrer abscheulichen Taten! Sie werden durch Krieg, Hunger und Seuchen umkommen. 12 Wer in der Fremde lebt, stirbt an der Pest; wer in Israel wohnt, fällt im Krieg; und wer dann noch übrig bleibt, wird verhungern. Ich lasse meinen Zorn an Israel aus, 13 damit sie erkennen, dass ich der Herr bin. Dann liegen die Toten rings um die Altäre zwischen den Götzenstatuen – überall dort, wo die Menschen ihren abscheulichen Göttern wohlriechende Opfer darbrachten, um sie zufriedenzustellen. Auf allen Bergen und Hügeln liegen dann die Leichen, unter jedem dicht belaubten Baum und unter jeder großen Eiche. 14 Drohend erhebe ich meine Hand, um ihr Land zu zerstören. Ich mache es zu einer menschenleeren, schrecklichen Einöde, von der Wüste Juda im Süden bis nach Ribla im Norden. Daran sollen sie erkennen, dass ich der Herr bin.«

Das bittere Ende

Wieder empfing ich eine Botschaft vom Herrn. Er sprach: »Du Mensch, höre, was ich, der Herr, zum Land Israel sage: Das Ende kommt, es kommt für das ganze Land! Israel, jetzt ist es aus und vorbei mit dir, ich lasse meinen Zorn gegen dich wüten und ziehe dich zur Rechenschaft. Jede deiner Sünden werde ich dir vergelten. Keine Träne werde ich um dich vergießen, kein Mitleid mit dir haben! Was du gesät hast, erntest du – ja, deine abscheulichen Taten hinterlassen ihre Spuren. Daran sollst du erkennen, dass ich der Herr bin.

5-6 Ein Unglück jagt das andere, das Ende ist gekommen! Ja, euer Ende ist da, niemand kann es mehr aufhalten. Darauf gebe ich, Gott, der Herr, mein Wort. Jetzt seid ihr an der Reihe, ihr Bewohner des Landes Israel. Die Zeit ist da, nahe ist der Tag: Dann hört man keine Jubelrufe mehr auf den Bergen, sondern bloß Schreie der Angst. Schon bald werdet ihr die ganze Gewalt meines Zornes zu spüren bekommen. Ich ziehe euch zur Rechenschaft; jede eurer Sünden werde ich euch vergelten. Keine Träne werde ich um euch vergießen, kein Mitleid mit euch haben! Was ihr gesät habt, erntet ihr – ja, eure abscheulichen Taten hinterlassen ihre Spuren. Daran sollt ihr erkennen, dass ich, der Herr, Gericht halte.

10 Passt auf, bald ist es so weit! Der Tag steht kurz bevor! Noch blühen Hochmut und Gewalt, 11 die Menschen stützen sich auf ihre Verbrechen und entfernen sich immer weiter von mir. Doch von ihnen wird nichts übrig bleiben – nichts von ihrem Reichtum, nichts von ihrer Pracht und von ihrem Ruhm. 12-13 Die Zeit ist gekommen, der Tag des Gerichts ist da! Wer jetzt noch etwas kauft, soll sich gar nicht erst darüber freuen! Wer etwas verkaufen muss, braucht nicht traurig zu sein. Er wird sein Hab und Gut sowieso nicht wiederbekommen, selbst wenn er am Leben bleibt. Denn mein glühender Zorn trifft das ganze Volk, keiner kann meine Strafe aufhalten. Weil alle schuldig sind, wird niemand sein Leben retten können. 14 Sie blasen die Posaune und bieten ihre ganze Streitmacht auf – aber keiner zieht mehr in den Krieg, denn schon vorher wird sie mein glühender Zorn vernichten.

15 In den Straßen wird das Schwert unter ihnen wüten, und in den Häusern werden sie durch Hunger und Seuchen umkommen. Wer auf dem Feld ist, wird von den Feinden niedergestochen, und wer sich in der Stadt aufhält, den raffen Hunger und Seuchen hinweg. 16 Wer entkommen kann, muss im Gebirge hausen. Jeder leidet unter seiner Schuld und klagt wie eine verängstigte Taube. 17 Wie gelähmt lassen alle die Hände sinken, und ihre Knie schlottern.

18 Sie haben Trauergewänder angelegt und zittern am ganzen Leib. Die Scham steht ihnen ins Gesicht geschrieben; die Köpfe haben sie sich kahl geschoren. 19 Silber und Gold werfen sie voller Ekel hinaus auf die Straßen, als wäre es Abfall. Denn ihre Schätze können ihnen nicht helfen an dem Tag, an dem mein Zorn gegen sie losbricht. Ihren Hunger können sie damit nicht mehr stillen und ihren Bauch nicht mit ihnen füllen. Im Gegenteil: Gold und Silber haben sie erst dazu verleitet, sich gegen mich aufzulehnen! 20 Sie waren stolz auf ihren kostbaren Schmuck und fertigten daraus ihre abscheulichen Götterfiguren. Darum habe ich dafür gesorgt, dass ihr Gold sie nun anwidert und sie es wegwerfen wie Müll.

21 Fremde Völker lasse ich über ihre Schätze herfallen, Gottlose werden sie plündern und die Götzenstatuen entweihen. 22 Ich wende mich ab von meinem Volk, ja, ich lasse zu, dass mein geliebtes Heiligtum geschändet wird: Räuber werden in den Tempel eindringen 23 und ein großes Blutbad anrichten. Denn[b] das ganze Land hat durch Mord und Totschlag Schuld auf sich geladen, und in Jerusalem herrscht die Gewalt. 24 Die grausamsten Völker lasse ich heranrücken, damit sie die Häuser in Besitz nehmen. Die Bewohner von Israel waren stolz auf ihre Macht, doch nun werde ich ihnen ihren Hochmut austreiben und alle ihre Heiligtümer entweihen.

25 Sie werden von Angst gepackt, sie suchen Frieden, aber es wird keinen geben. 26 Unglück über Unglück bricht über sie herein, eine Schreckensnachricht jagt die andere. Sie flehen die Propheten um Hilfe an, doch die haben keine Visionen; die Priester können das Volk nicht mehr in Gottes Gesetz unterweisen, und die führenden Männer wissen keinen Rat. 27 Der König trauert, seine hohen Beamten sind völlig verzweifelt, alle Bewohner des Landes zittern vor Angst. Ich gehe mit ihnen um, wie sie es verdient haben; ich richte sie so erbarmungslos, wie sie andere gerichtet haben. Dann werden sie erkennen, dass ich der Herr bin.«

Der Götzendienst im Tempel von Jerusalem

Im 6. Jahr der Verbannung unseres Volkes, am 5. Tag des 6. Monats, war ich in meinem Haus, und die führenden Männer von Juda saßen bei mir. Da wurde ich von Gott, dem Herrn, ergriffen, und er gab mir eine Vision. Ich sah eine lodernde Gestalt, die der eines Mannes glich. Unterhalb der Hüfte sah sie aus wie Feuer, oberhalb leuchtete ihr Leib wie glänzendes Metall. Sie streckte so etwas wie eine Hand nach mir aus und packte mich bei den Haaren. In der Vision hob mich der Geist Gottes weit über die Erde empor und brachte mich nach Jerusalem, zum Nordtor des inneren Tempelvorhofs. Dort stand eine Götzenstatue, die den leidenschaftlichen Zorn des Herrn erregte.

Plötzlich erblickte ich den Gott Israels in seiner Herrlichkeit, so wie ich ihn schon im Tal am Fluss Kebar gesehen hatte. Er sprach zu mir: »Du Mensch, richte deinen Blick nach Norden!« Ich schaute nach Norden und sah auf der anderen Seite des Tores einen Altar; im Toreingang davor stand die Götzenstatue, über die der Herr so zornig war. »Du Mensch«, sagte er zu mir, »siehst du, was das Volk Israel hier tut? Es opfert abscheulichen Götzen, um mich aus meinem Heiligtum zu vertreiben. Doch warte – es kommt noch schlimmer!«

Er brachte mich zum Eingang des äußeren Tempelvorhofs, und dort entdeckte ich ein Loch in der Mauer. Gott befahl mir: »Du Mensch, durchbrich die Mauer!« Ich tat es und stieß dahinter auf eine Tür. Dann forderte er mich auf: »Geh hinein und sieh, was für abscheuliche Dinge sie dort treiben!«

10 Ich ging durch die Tür und sah: In die Wände ringsum waren Bilder von Tieren eingeritzt, die das Volk Israel als Götter verehrte – Bilder von Kriechtieren und anderem scheußlichen Getier. 11 Siebzig der führenden Männer Israels standen davor, unter ihnen auch Jaasanja, der Sohn von Schafan. Jeder hielt eine Räucherpfanne in der Hand, und eine Duftwolke von Weihrauch stieg empor.

12 Gott sprach zu mir: »Hast du gesehen, Mensch, was die führenden Männer des Volkes Israel treiben? Jeder von ihnen betet hier heimlich seine eigenen Götterbilder in einer Kammer an. Sie behaupten: ›Der Herr sieht uns nicht, er hat das Land verlassen!‹ 13 Doch warte – es kommt noch schlimmer!«

14 Er brachte mich wieder zum Nordtor des inneren Tempelvorhofs; dort saßen Frauen, die den Tod des Gottes Tammus[c] beweinten. 15 Gott fragte mich: »Hast du das gesehen, Mensch? Aber es kommt noch schlimmer!«

16 Er brachte mich in den inneren Tempelvorhof. Am Eingang zum Heiligtum, zwischen der Vorhalle und dem Altar, standen etwa fünfundzwanzig Männer mit dem Rücken zum Tempel und dem Gesicht nach Osten. Sie warfen sich vor der Sonne im Osten nieder und beteten sie an.

17 Da sagte Gott zu mir: »Hast du das gesehen, Mensch? Sind den Leuten von Juda die abscheulichen Dinge noch nicht genug, die sie hier treiben? Das ganze Land haben sie mit Unrecht und Gewalt erfüllt und mich damit immer wieder beleidigt. Sieh nur, wie sie sich bei ihren Opferfeiern Weinreben an die Nase halten![d] 18 Darum lasse ich sie nun meinen Zorn spüren. Keine Träne werde ich um sie vergießen, kein Mitleid mit ihnen haben! Auch wenn sie mir mit ihrem Geschrei in den Ohren liegen – ich werde sie nicht erhören!«

Gottes Urteil über Jerusalem wird vollstreckt

Ich hörte, wie Gott mit lauter Stimme rief: »Kommt und vollstreckt das Urteil über Jerusalem! Greift zu den Waffen, um die Menschen in der Stadt zu vernichten!« Da kamen sechs Männer durch das obere Tor an der Nordseite des Tempels, jeder von ihnen hielt eine tödliche Waffe in der Hand. Bei ihnen war ein Mann, der ein Gewand aus Leinen trug. An seinem Gürtel hing die Ausrüstung eines Schreibers. Die Männer kamen näher und stellten sich neben den bronzenen Altar.

Der Herr, der Gott Israels, entfernte sich von den Keruben[e], über denen er in seiner Herrlichkeit thronte, und ließ sich an der Türschwelle des Tempels nieder. Dann rief er den Mann mit dem Leinengewand und dem Schreibzeug am Gürtel zu sich und befahl ihm: »Geh durch ganz Jerusalem und mache ein Zeichen[f] auf die Stirn all der Menschen, die seufzen und klagen über die abscheulichen Dinge, die in dieser Stadt getrieben werden!« Ich hörte, wie er zu den anderen Männern sagte: »Geht hinter ihm her durch die Stadt und schlagt zu! Zeigt kein Mitleid, verschont niemanden! Tötet die alten und die jungen Männer, die Frauen, Mädchen und Kinder! Bringt sie alle um! Doch rührt keinen von denen an, die das Zeichen auf der Stirn haben! Hier in meinem Heiligtum sollt ihr beginnen!«

Da machten sie sich ans Werk und töteten zuerst die Führer des Volkes, die vor dem Tempel standen. Dann sagte Gott zu den sechs Männern: »Bringt die Leichen in die Vorhöfe des Tempels – ja, entweiht ihn damit! Dann geht in die Stadt!« Sie gingen hinaus, und während sie dort die Menschen niedermetzelten, blieb ich allein auf dem Tempelvorhof zurück.

Ich warf mich zu Boden und schrie: »Ach, Herr, mein Gott! Bist du so zornig über Jerusalem, dass du auch noch den letzten Rest des Volkes ausrotten willst?« Da antwortete er: »Die Leute von Israel und Juda haben unendlich viel Schuld auf sich geladen und hören einfach nicht auf damit! Im ganzen Land herrschen Mord und Totschlag, und in Jerusalem beugt man an jeder Ecke das Recht. Sie behaupten: ›Der Herr hat das Land verlassen, er sieht uns nicht!‹ 10 Darum werde ich keine Träne um sie vergießen und kein Mitleid mit ihnen haben. Jetzt bekommen sie von mir, was sie verdienen!«

11 In diesem Moment kam der Mann mit dem Leinengewand und dem Schreibzeug zurück und berichtete dem Herrn: »Ich habe getan, was du mir befohlen hast!«

10 Ich schaute auf das Gewölbe über den Köpfen der Keruben. Darüber erschien etwas, das aussah wie ein Thron aus Saphir. Gott sagte zu dem Mann, der das Gewand aus Leinen trug: »Geh zu den Keruben, die dort über den Rädern stehen. Zwischen ihnen findest du ein Feuer mit glühenden Kohlen. Nimm zwei Hände voll und streu sie über die Stadt!« Da ging der Mann vor meinen Augen in die Mitte zwischen die vier Gestalten. Sie standen gerade an der Südseite des Tempels, und eine Wolke erfüllte den inneren Vorhof.

Der Herr in seiner Herrlichkeit erhob sich vom Thron über den Keruben und ließ sich an der Schwelle des Tempels nieder. Der ganze Tempel wurde von der Wolke erfüllt, und der Vorhof erstrahlte in seinem Licht. Das Flügelrauschen der Keruben war bis zum äußersten Vorhof zu hören. Es klang wie die Stimme des allmächtigen Gottes. Als nun Gott dem Mann mit dem Leinengewand befohlen hatte: »Hol von dem Feuer, das zwischen den Rädern bei den Keruben brennt!«, da ging er hin und stellte sich neben ein Rad. Eines der Wesen streckte seine Hand nach dem Feuer aus, das zwischen ihnen brannte, nahm glühende Kohlen und legte sie in die Hände des Mannes. Der ging damit hinaus in die Stadt.

Der Herr verlässt seinen Tempel

Ich bemerkte, dass jeder von den Keruben unter seinen Flügeln so etwas wie eine menschliche Hand hatte. Neben den Keruben sah ich je eines der vier Räder. Die Räder schimmerten wie Edelsteine 10 und waren alle gleich gebaut: Mitten in jedes Rad war ein zweites im rechten Winkel eingefügt. 11 Darum konnten sie in jede beliebige Richtung laufen und brauchten sich dabei nicht umzudrehen. Wohin das erste von ihnen lief, dorthin liefen die anderen auch, ohne zu wenden. 12-13 Der ganze Körper der Keruben, ihr Rücken, ihre Hände und ihre Flügel waren überall mit Augen bedeckt. Auch die Räder, die vor meinen Ohren »Wirbelwind«[g] genannt wurden, waren voller Augen.

14 Jede Gestalt hatte vier Gesichter: das eines Keruben, das eines Menschen, das eines Löwen und das eines Adlers. 15 Es war dieselbe Erscheinung, die ich schon am Fluss Kebar gesehen hatte. Wenn die Keruben sich erhoben 16 und fortbewegten, dann liefen auch die Räder mit; und wenn sie ihre Flügel schwangen, um zu fliegen, dann waren die Räder immer an ihrer Seite. 17 Blieben die Keruben stehen, dann standen auch die Räder still. Hoben sie sich vom Boden, dann erhoben sich auch die Räder mit ihnen. So taten sie immer dasselbe, denn ein und derselbe Geist lenkte sie.

18 Der Herr verließ die Schwelle des Tempels und nahm wieder den Platz über den Keruben ein. 19 Diese schwangen ihre Flügel und erhoben sich vor meinen Augen von der Erde. Sie bewegten sich fort, und die Räder liefen mit ihnen. Vor dem Eingang am Osttor des Tempels blieben sie stehen. Über ihnen thronte der Gott Israels in seiner Herrlichkeit.

20 Es waren dieselben Lebewesen, die ich schon am Fluss Kebar unter Gottes Thron gesehen hatte; und nun erkannte ich, dass es Keruben waren. 21 Jeder von ihnen hatte vier Gesichter und vier Flügel. Unter ihren Flügeln hatten sie so etwas wie menschliche Hände. 22 Auch ihre Gesichter waren dieselben wie die am Fluss Kebar. Wohin sie auch liefen, in jede Richtung blickte eines ihrer Gesichter.

Gottes Strafe für die führenden Männer von Jerusalem

11 Der Geist Gottes hob mich empor und brachte mich zum Osttor des Tempels. Am Eingang standen fünfundzwanzig Männer; unter ihnen sah ich Jaasanja, den Sohn von Asur, und Pelatja, den Sohn von Benaja. Beide gehörten zu den Führern Israels. Gott sprach zu mir: »Du Mensch, das sind die Männer, die in dieser Stadt böse Pläne schmieden und mit ihren Ratschlägen andere ins Unglück stürzen. Sie prahlen: ›In nächster Zeit brauchen wir keine neuen Häuser zu bauen! Unsere Stadt ist so sicher wie ein Topf, und wir sind das gute Fleisch darin.‹ Darum teile ihnen mit, was ich zu sagen habe – ja, du Mensch, kündige ihnen an, welches Unheil sie treffen wird!«

Der Geist des Herrn kam über mich und befahl mir: »Richte ihnen diese Botschaft des Herrn aus: Ihr Israeliten, ich habe gehört, was ihr gesagt habt, und ich kenne eure geheimsten Gedanken! Ihr habt den Tod vieler Menschen auf dem Gewissen, überall in den Straßen liegen die Leichen.

Darum sage ich, Gott, der Herr: Die Leichen, mit denen ihr die Stadt gefüllt habt – sie sind das Fleisch! Die Stadt ist der Topf, euch aber wird man daraus vertreiben. Ihr habt Angst vor dem Schwert, darum werde ich das Schwert gegen euch wenden. Darauf könnt ihr euch verlassen! Ich jage euch aus Jerusalem fort und gebe euch in die Gewalt von Fremden. Ich halte Gericht über euch 10 und lasse euch durch das Schwert umkommen. Bis hin zur Grenze Israels werde ich mein Urteil an euch vollstrecken; daran sollt ihr erkennen, dass ich der Herr bin. 11 Jerusalem wird für euch nicht der sichere Topf sein, und ihr seid nicht das gute Fleisch darin. Nein, bis zur Grenze Israels werdet ihr meine gerechte Strafe zu spüren bekommen. 12 Wenn das alles geschieht, sollt ihr endlich einsehen, dass ich der Herr bin. Meine Weisungen habt ihr in den Wind geschlagen und meine Gebote missachtet; stattdessen habt ihr Recht und Sitte eurer Nachbarvölker angenommen!«

13 Während ich dies weissagte, fiel Pelatja, der Sohn von Benaja, tot um. Ich warf mich zu Boden und schrie laut: »Ach, Herr, mein Gott, willst du auch den letzten Rest von Israel noch ausrotten?«

Trost für die Verschleppten: Ich werde ihr Gott sein!

14 Da empfing ich noch eine Botschaft vom Herrn. Er sprach zu mir: 15 »Du Mensch, die Einwohner von Jerusalem sagen über deine Verwandten und Stammesbrüder und über alle Israeliten, die nach Babylonien verschleppt worden sind: ›Der Herr hat sie verstoßen,[h] darum gehört das Land nun uns.‹ 16 Denen, die so reden, sollst du ausrichten: So spricht Gott, der Herr: Es ist wahr, ich habe sie weit weg zu anderen Völkern vertrieben und in viele Länder zerstreut. Sie leben fern von meinem Tempel, aber ich selbst bin ihnen in dieser kurzen Zeit[i] zu einem Heiligtum geworden. 17 Und ich, der Herr, werde sie auch wieder sammeln und sie aus all den Ländern zurückholen, in die sie verschleppt wurden. Dann gebe ich ihnen das Land Israel zurück.

18 Wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, werden sie jede Spur von dem abscheulichen Götzendienst beseitigen, den man dort trieb. 19 Ich will ihnen ein ungeteiltes Herz und einen neuen Geist geben. Ja, ich nehme das versteinerte Herz aus ihrer Brust und gebe ihnen ein lebendiges Herz. 20 Dann werden sie nach meinen Weisungen leben, meine Gebote achten und sie befolgen. Sie werden mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein. 21 Die aber, deren Herz an den widerlichen Götzen und Gebräuchen hängt, werde ich bestrafen. Alles, was sie getan haben, fällt auf sie zurück. Mein Wort gilt!«

Der Herr verlässt Jerusalem

22 Dann schwangen die Keruben ihre Flügel, und die Räder bewegten sich mit ihnen. Darüber thronte der Gott Israels in seiner Herrlichkeit. 23 Er erhob sich aus der Stadt und ließ sich auf dem Berg nieder, der östlich von Jerusalem liegt. 24 In meiner Vision hob Gottes Geist mich empor und brachte mich wieder zu den Verschleppten nach Babylonien. Dann verschwanden die Bilder, die ich in der Vision gesehen hatte. 25 Ich erzählte den Judäern alles, was der Herr mir gezeigt hatte.

Hesekiel packt sein Bündel – eine Botschaft für Jerusalem

12 Wieder empfing ich eine Botschaft vom Herrn: »Du Mensch«, sagte er, »du lebst mitten unter einem widerspenstigen Volk. Sie haben Augen, sehen aber nichts; sie haben Ohren, doch sie wollen nicht hören, denn sie lehnen sich gegen mich auf.

Du aber, Mensch, pack dir ein Bündel, wie es Flüchtlinge bei sich tragen! Verlass am helllichten Tag dein Zuhause und mach dich auf den Weg, so dass alle es sehen können! Vielleicht gehen diesem widerspenstigen Volk dann die Augen auf. Trag dein Flüchtlingsgepäck am Tag aus dem Haus, während sie dir zuschauen. Am Abend sollst du dann fortziehen wie jemand, der in die Verbannung geführt wird: Brich vor ihren Augen ein Loch in deine Hauswand und zwäng dich hindurch! Nimm dein Bündel auf die Schultern und, sobald es dunkel wird, zieh damit fort! Verhüll dein Gesicht, damit du das Land nicht mehr siehst, das du verlassen musst. So mache ich dich zu einem Mahnzeichen für die Israeliten, damit sie erkennen, was sie erwartet!«

Ich tat, was Gott mir befohlen hatte: Bei Tag trug ich mein Flüchtlingsgepäck aus dem Haus, und am Abend brach ich mit der Hand ein Loch in die Hauswand und kroch hinaus. Vor aller Augen packte ich das Bündel in der Dunkelheit auf meine Schultern.

Am nächsten Morgen gab der Herr mir folgende Botschaft: »Du Mensch, die Israeliten, dieses widerspenstige Volk, haben dich doch gefragt, was dein Verhalten zu bedeuten hat. 10 Ich, Gott, der Herr, lasse ihnen sagen: Diese Botschaft gilt dem Herrscher[j] in Jerusalem und allen Israeliten, die dort wohnen. 11 Mach ihnen klar, dass sie an dir sehen können, was ihnen bevorsteht: Sie werden gefangen in die Verbannung geführt. 12 Ihr Herrscher nimmt in der Dunkelheit sein Bündel auf die Schultern und flieht durch ein Loch in der Stadtmauer, das für ihn herausgebrochen wurde. Er verhüllt sein Gesicht, denn er wird das Land, das er verlässt, nie wiedersehen[k]. 13 Ich werfe mein Fangnetz über ihn, und er wird sich darin verfangen. Ich bringe ihn zur Stadt Babylon, in das Land der Chaldäer; dort wird er sterben, ohne die Stadt gesehen zu haben[l]. 14 Sein ganzes Gefolge und die Kriegsleute, mit denen er sich umgab, werde ich in alle Winde zerstreuen. Ja, ich verfolge sie mit gezücktem Schwert, 15 ich vertreibe sie zu fremden Völkern und in fremde Länder, damit sie erkennen, dass ich der Herr bin. 16 Krieg, Hunger und Seuchen werden viele dahinraffen. Doch ich selbst sorge dafür, dass ein kleiner Rest von ihnen am Leben bleibt. Sie sollen den Völkern, bei denen sie wohnen, von den abscheulichen Taten der Israeliten erzählen. So sollen auch diese Völker erfahren, dass ich der Herr bin.«

Hesekiels Zittern – ein Zeichen für Israel

17 Wieder bekam ich eine Botschaft vom Herrn. Er befahl mir: 18 »Du Mensch, nur noch mit Zittern sollst du dein Brot essen, und wenn du trinkst, sollst du beben vor Angst! 19 Sag deinem Volk in der Verbannung: So spricht Gott, der Herr: Die Menschen, die in Jerusalem und in ganz Israel übrig geblieben sind, werden voller Angst ihr Brot essen und zitternd vor Entsetzen ihr Wasser trinken. Denn ihr Land wird verwüstet und seines ganzen Reichtums beraubt sein. Das ist die Strafe für all die Gewalttaten, die von den Menschen dort begangen wurden. 20 Die blühenden Städte werden in Trümmern liegen, und die fruchtbaren Felder sind dann nur noch eine trostlose Wüste. Daran sollt ihr erkennen, dass ich der Herr bin.«

Eine beliebte Redensart und eine unbequeme Botschaft

21 Darauf gab der Herr mir folgende Botschaft. Er sprach: 22 »Du Mensch, welche Redensart geht da bei euch in Israel um? Ihr sagt: ›Die Zeit vergeht, aber die Visionen der Propheten erfüllen sich nie!‹ 23 Darum richte dem Volk aus, was ich, Gott, der Herr, ihnen zu sagen habe: Ich werde dafür sorgen, dass man diese Redensart in Israel nicht mehr gebraucht! Sag ihnen: Die Zeit ist gekommen, in der sich all die Visionen erfüllen! 24 In Zukunft wird es in Israel keine falschen Propheten mehr geben, die euch nach dem Munde reden und von Erscheinungen berichten, die sie gar nicht gesehen haben. 25 Denn ich, der Herr, rede zu euch; und was ich verkünde, das trifft ein! Es lässt nicht mehr lange auf sich warten. Noch zu euren Lebzeiten, ihr widerspenstigen Israeliten, werden sich alle meine Voraussagen erfüllen. Darauf gebe ich, Gott, der Herr, mein Wort!«

26 Weiter sagte der Herr zu mir: 27 »Du Mensch, ich weiß, wie die Israeliten über dich reden. Sie behaupten: ›Seine Visionen betreffen uns nicht, er weissagt für eine ferne Zukunft!‹ 28 Darum richte ihnen aus: So spricht Gott, der Herr: Was ich voraussage, lässt nicht mehr lange auf sich warten! Was ich verkünde, das trifft ein! Mein Wort gilt!«

Die falschen Propheten werden umkommen!

13 Da empfing ich wieder eine Botschaft vom Herrn. Er sprach zu mir: »Du Mensch, klag alle selbst ernannten Propheten Israels an! Sie sollen meine Worte hören! Sag ihnen von mir, Gott, dem Herrn:

Wehe euch, ihr törichten Propheten, die ihr euren eigenen Eingebungen folgt und von Visionen redet, die ihr gar nicht gesehen habt! Ihr führt euch auf wie Füchse, die in Israels Ruinen herumstreunen! Keiner von euch ist in die Bresche gesprungen, keiner baut die Mauer wieder auf, damit mein Volk an dem Tag bestehen kann, an dem ich, der Herr, Gericht halte. Was ihr als Visionen ausgebt, ist eine Täuschung, und wenn ihr weissagt, lügt ihr! Ihr verkündet: ›So spricht der Herr!‹, obwohl ich euch gar nicht beauftragt habe – und dann erwartet ihr auch noch, dass ich eure Voraussagen eintreffen lasse! Ist es nicht so? Eure Visionen führen die Menschen in die Irre, eure Weissagung ist nichts als Lüge. Denn ihr behauptet, meine Worte zu verkünden, obwohl ich euch gar keine Botschaft mitgeteilt habe.

Darum sage ich, Gott, der Herr: Weil ihr leere Worte macht und von trügerischen Visionen erzählt, bekommt ihr es mit mir zu tun. Darauf könnt ihr euch verlassen! Drohend erhebe ich meine Hand, um euch zu strafen, ihr Lügenpropheten! Ich schließe euch aus meinem Volk aus – in den Verzeichnissen der Israeliten wird man eure Namen nirgendwo finden. Nie mehr könnt ihr in euer Land zurückkehren! Daran sollt ihr erkennen, dass ich Gott, der Herr, bin. 10 Ihr führt mein Volk in die Irre, denn ihr ruft: ›Es ist nur halb so schlimm, es wird alles wieder gut!‹ Nein, nichts wird gut! Mein Volk baut sich eine wackelige Mauer aus losen Steinen, und anschließend übertüncht ihr sie mit weißer Farbe. 11 Ihr Schönfärber! Eure Wand wird einstürzen! Es kommt ein Wolkenbruch, Hagelkörner so groß wie Steine prasseln auf sie herab, und ein schwerer Sturm peitscht dagegen. 12 Und siehe da – die Wand stürzt ein! Dann verspottet man euch: ›Wo ist nun eure schöne Farbe geblieben?‹

13 Ich, Gott, der Herr, sage es noch einmal: Mein Zorn über euch ist gewaltig, darum schicke ich Sturm, Regen und Hagel mit zerstörerischer Macht. 14 Ich reiße die Wand ein, die ihr so schön angemalt habt, ich lasse sie zu Boden stürzen, ihr Fundament wird bloßgelegt. Und wenn sie einstürzt, werdet ihr unter ihren Trümmern begraben. Dann sollt ihr erkennen, dass ich der Herr bin. 15 So werde ich an der Wand und an euch Schönfärbern meinen Zorn auslassen. Ja, wenn ich mein Werk vollendet habe, sage ich: Die Wand ist weg und mit ihr alle, die sie übermalt haben! 16 Ihr habt dem Volk von herrlichen Visionen erzählt und Jerusalem Glück und Frieden prophezeit, obwohl sein Untergang nahe ist! Doch damit ist es nun aus und vorbei. Mein Wort gilt!«

17 Weiter sprach Gott zu mir: »Du Mensch, tritt den selbst ernannten Prophetinnen aus deinem Volk entgegen! Klage sie an 18 und richte ihnen meine Worte aus:

Wehe euch, ihr Frauen, die ihr Zauberbänder für die Handgelenke anfertigt und magische Schleier in jeder Größe näht, um Macht zu besitzen über die Menschen! Meint ihr, ihr könnt das Leben der Menschen in meinem Volk aufs Spiel setzen – und selbst mit heiler Haut davonkommen? 19 Mit eurem faulen Zauber raubt ihr mir die Ehre, und das für eine Handvoll Gerste und einen Bissen Brot! Menschen, die nicht sterben sollten, liefert ihr dem Tod aus und verschont solche, die es nicht verdienen, am Leben zu bleiben. Mein Volk hört gerne Lügen, und ihr habt ihnen Lügen aufgetischt.

20 Darum sage ich, Gott, der Herr: Jetzt mache ich eure Zauberbänder zunichte, mit denen ihr die Menschen wie Vögel fangt! Ich reiße sie von euren Handgelenken und lasse alle frei, die sich darin verfangen haben! 21 Ich zerfetze eure magischen Schleier und rette mein Volk aus eurer Gewalt. Es soll keine leichte Beute mehr für euch sein! Daran sollt ihr erkennen, dass ich der Herr bin.

22 Mit euren Lügenmärchen jagt ihr aufrichtigen Menschen Angst ein, für die ich nichts Böses im Sinn hatte. Die Gottlosen aber ermutigt ihr und verhindert damit, dass sie ihre üblen Machenschaften aufgeben und ihr Leben retten. 23 Darum bereite ich euren verlogenen Visionen und eurer Wahrsagerei nun ein Ende! Ich will mein Volk aus eurer Gewalt retten. Dann müsst ihr erkennen, dass ich der Herr bin.«

Warum Gott nicht mehr antwortet

14 Einige der führenden Männer Israels kamen zu mir, weil sie Gott durch mich befragen wollten. Sie setzten sich vor mich hin und warteten. Da empfing ich eine Botschaft vom Herrn. Er sagte: »Du Mensch, diese Männer haben ihr Herz an die Götzen gehängt. Sie haben nur noch ihre scheußlichen Götter im Sinn, die sie zur Sünde verführen – und nun soll ich ihnen antworten und helfen? Richte ihnen aus: So spricht Gott, der Herr: Wenn jemand vom Volk Israel Götzen anbetet, sich gegen mich auflehnt und dann auch noch zum Propheten kommt, um mich zu befragen, werde ich, der Herr, ihm tatsächlich eine Antwort geben – und zwar die Antwort, die er bei der Menge seiner Götzen verdient hat! Ja, ich werde die Israeliten hart anfassen, weil sie sich von mir abgewandt haben und ihre Götzen verehren.

Darum verkünde dem ganzen Volk, was ich, Gott, der Herr, ihnen sage: Kehrt um, wendet euch ab von euren Göttern und sagt euch los von eurem abscheulichen Götzendienst! Ich sage es noch einmal:

Wenn jemand vom Volk Israel und von den Fremden, die bei euch leben, sich von mir abwendet, seine Götzen anbetet und von mir nichts mehr wissen will, dann braucht er erst gar nicht zum Propheten zu gehen. Denn wenn er mich durch den Propheten um Rat fragen will, werde ich selbst, der Herr, ihm die passende Antwort geben. Ja, ein solcher Mensch bekommt es mit mir zu tun! Was ich ihm antue, soll allen zur Warnung dienen; sein Unglück wird sprichwörtlich sein. Ich verstoße ihn aus meinem Volk und vernichte ihn. Daran sollt ihr erkennen, dass ich der Herr bin.

Lässt ein Prophet sich dazu hinreißen, dem Götzendiener eigenmächtig ein Wort von mir zu verkünden, dann geschieht es, weil ich, der Herr, ihn dazu verleitet habe! Drohend erhebe ich auch gegen ihn meine Hand, ja, ich verstoße ihn aus meinem Volk und vernichte ihn. 10 Also müssen beide – der Götzendiener, der fragt, und der Prophet, der eigenmächtig antwortet – die gleiche Strafe tragen, denn ihre Schuld ist gleich groß. 11 So warne ich das Volk Israel, damit sie mir nicht mehr den Rücken kehren und sich nicht länger durch ihre Sünden verunreinigen. Sie werden mein Volk sein, und ich werde ihr Gott sein. Das verspreche ich, Gott, der Herr

Gottes Strafe ist gerecht!

12 Wieder empfing ich eine Botschaft vom Herrn. Er sprach zu mir: 13 »Du Mensch, stell dir vor, ein Land bricht mir die Treue und sündigt gegen mich, und ich lasse zur Strafe die Lebensmittelvorräte zu Ende gehen und schicke eine Hungersnot ins Land, durch die Menschen und Tiere umkommen. 14 Selbst wenn in diesem Land die drei Männer Noah, Daniel und Hiob lebten, könnten sie trotz all ihrer Rechtschaffenheit doch nur ihr eigenes Leben retten! Das sage ich, Gott, der Herr.

15 Oder stell dir vor, ich lasse Raubtiere ein Land durchstreifen und die Bewohner töten, und das Land wird zur trostlosen Wüste, weil aus Angst kein Mensch mehr hindurchreist. 16 Selbst wenn diese drei Männer darin lebten, könnten sie noch nicht einmal ihre Söhne und Töchter retten, sondern nur sich selbst. Das Land aber würde zur Einöde werden. Das schwöre ich, der Herr, so wahr ich lebe!

17 Oder stell dir vor, ich lasse Krieg in einem Land ausbrechen und Mensch und Tier durch das Schwert umkommen. 18 Selbst wenn diese drei Männer darin lebten, könnten sie noch nicht einmal ihre Söhne und Töchter retten, sondern nur sich selbst. Das schwöre ich, der Herr, so wahr ich lebe!

19 Oder stell dir vor, ich schicke die Pest in ein Land und rotte in meinem Zorn Mensch und Tier erbarmungslos aus. 20 Selbst wenn Noah, Daniel und Hiob darin lebten, könnten sie noch nicht einmal ihre Söhne und Töchter retten, sondern nur sich selbst, weil sie sich treu an mein Recht hielten. Das schwöre ich, der Herr, so wahr ich lebe!

21 Und nun sage ich, Gott, der Herr: Wie wird es erst sein, wenn ich meine vier schrecklichsten Strafen – Krieg, Hunger, Raubtiere und Pest – auf einen Schlag über Jerusalem hereinbrechen lasse und Mensch und Tier darin ausrotte! 22 Und doch sorge ich dafür, dass einige Menschen in der Stadt am Leben bleiben. Zusammen mit ihren Söhnen und Töchtern werden sie zu euch in die Verbannung verschleppt. Wenn ihr dann ihr abscheuliches Tun und Treiben mit anschauen müsst, werdet ihr einsehen, dass mein Gericht über Jerusalem eine gerechte Strafe war. 23 Es wird euch trösten, wenn ihr seht, dass ich Jerusalem nicht ohne Grund zerstört habe. Darauf gebe ich, Gott, der Herr, mein Wort.«

Jerusalem, das unnütze Holz eines Weinstocks

15 Wieder hatte der Herr eine Botschaft für mich. Er fragte mich: »Du Mensch, ist das Holz eines Weinstocks etwa besser als das der anderen Bäume, die im Wald wachsen? Wozu ist es denn zu gebrauchen? Kann man irgendetwas daraus herstellen? Oder kann man es wenigstens als Pflock in eine Wand schlagen, um allerlei Werkzeuge daran aufzuhängen? Nein! Das Holz einer Weinranke taugt einzig und allein als Brennholz! Wenn die Flammen die beiden Enden der Ranke verzehrt haben und sie auch in der Mitte schon versengt ist, ist sie dann noch zu etwas nütze? Natürlich nicht. Schon als sie noch nicht verbrannt war, konnte man nichts mit ihrem Holz anfangen – wie viel weniger, wenn das Feuer sie nun verkohlt hat!

Darum sage ich, Gott, der Herr: Das Holz eines Weinstocks ist kein bisschen wertvoller als das der anderen Bäume im Wald! Ich werfe es ins Feuer – und genau dasselbe werde ich mit den Einwohnern von Jerusalem tun! Bisher sind sie dem Feuer noch knapp entronnen, jetzt aber werden sie von ihm verzehrt. Ja, ich selbst wende mich nun gegen sie! Mein Strafgericht wird sie treffen, und daran sollt ihr erkennen, dass ich der Herr bin. Das ganze Land mache ich zu einer menschenleeren Wüste, weil seine Bewohner mir die Treue gebrochen haben. Darauf könnt ihr euch verlassen!«

Jerusalem, die untreue Frau

16 Da empfing ich noch eine Botschaft vom Herrn. Er sprach zu mir: »Du Mensch, halte den Einwohnern von Jerusalem vor Augen, was für abscheuliche Dinge sie treiben! Verkünde ihnen: So spricht Gott, der Herr: Jerusalem, du bist in Kanaan zur Welt gekommen; dein Vater war ein Amoriter, deine Mutter eine Hetiterin. Nach deiner Geburt wurde nicht einmal deine Nabelschnur abgeschnitten. Niemand hat dich gewaschen und mit Salz abgerieben, niemand hat dich in Windeln gewickelt. Kein Mensch hatte Mitleid mit dir und erbarmte sich über dich. Noch am Tag deiner Geburt warf man dich aufs freie Feld, weil niemand dich haben wollte.

Da kam ich an dir vorüber und sah dich hilflos und blutverschmiert am Boden liegen. Ich sagte zu dir: ›Du sollst am Leben bleiben, ja, du sollst leben und heranwachsen wie eine Blume auf dem Feld!‹ Du blühtest auf und wurdest zu einer schönen Frau voller Anmut. Deine Brüste rundeten sich, dein Haar wurde voll und schön. Aber immer noch warst du völlig nackt.

Wieder kam ich an dir vorüber, und ich sah, dass du alt genug warst, einen Mann zu lieben. Da breitete ich meinen Mantel über dich aus und bedeckte deinen nackten Körper als Zeichen dafür, dass du mir gehören solltest. Ich, Gott, der Herr, schwor dir die Treue und schloss mit dir einen Bund fürs Leben. So wurdest du meine Frau.

Ich badete dich, wusch dir das Blut ab und salbte dich mit duftenden Ölen. 10 Ich zog dir ein buntes, kostbares Kleid und Sandalen aus bestem Leder an. Du bekamst von mir ein Stirnband aus feinem Leinen und einen seidenen Umhang. 11 Ich gab dir wertvollen Schmuck, legte dir Spangen an die Arme und eine Kette um den Hals. 12 Deine Nase schmückte ich mit einem Ring, ich gab dir Ohrringe und setzte dir eine prachtvolle Krone auf. 13 Du warst geschmückt mit Silber und Gold, du kleidetest dich in feines Leinen, Seide und bunt gewebte Stoffe. Die erlesensten Speisen bekamst du: Brot, gebacken aus bestem Mehl, Honig und Öl. So wurdest du wunderschön und würdig, eine Königin zu sein. 14 Bei allen Völkern erzählte man sich von deiner Schönheit; sie war makellos und vollkommen durch den Schmuck, den ich, Gott, der Herr, dir geschenkt hatte.

15 Aber du – du hast dir viel auf deine Schönheit eingebildet. Dass sie überall gerühmt wurde, nutztest du reichlich aus: Jedem, der dir über den Weg lief, hast du dich angeboten und dich ihm an den Hals geworfen. 16 Aus deinen bunten Kleidern machtest du dir ein Lager bei den Opferstätten für die Götzen. Dort schliefst du mit jedem, den du bekommen konntest. Deine Schamlosigkeit übertraf alles, was es vor und nach dir je gegeben hat! 17 Du nahmst den Schmuck aus Silber und Gold, den ich dir geschenkt hatte, und machtest dir männliche Götterfiguren daraus. Mit ihnen hast du mich betrogen. 18 Deine bunt gewebten Kleider zogst du ihnen an und brachtest ihnen als Opfer den Weihrauch und das Öl dar, die du von mir bekommen hattest. 19 Das Brot aus bestem Mehl, Honig und Öl, das ich dir gegeben hatte, hast du ihnen als ein wohlriechendes Opfer gereicht, um sie für dich zu gewinnen. Das alles hast du getan; dies bezeuge ich, Gott, der Herr.

20 Die Söhne und Töchter, die du mir geboren hattest, warfst du den Götzen zum Fraß vor. War die Hurerei, die du getrieben hattest, dir noch zu wenig? 21 Musstest du auch noch meine Kinder schlachten und als Opfer für andere Götter verbrennen? 22 Während du all diese abscheulichen Dinge tatest und die Ehe mit mir brachst, hast du keinen Gedanken an deine Kindheitstage verschwendet, in denen du nackt und hilflos strampelnd in deinem Blut lagst.

Footnotes

  1. 6,9 Oder: Ihr werdet begreifen, wie sehr es mir das Herz brach, dass ihr.
  2. 7,23 So nach der griechischen Übersetzung. Der hebräische Text lautet: Fertige die Kette an! Denn.
  3. 8,14 Ein mesopotamischer Fruchtbarkeitsgott. Seine Anhänger glaubten, dass sein jährliches Sterben und Auferstehen sich in der Natur widerspiegele.
  4. 8,17 Auf welches Ritual hier angespielt wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.
  5. 9,3 Gemeint sind die vier geflügelten Gestalten, die Hesekiel schon in einer früheren Vision gesehen hatte. Vgl. Kapitel 1.
  6. 9,4 Im Hebräischen steht hier der Buchstabe Tav, der in der althebräischen Schrift aussah wie ein Kreuz.
  7. 10,12‒13 Das hebräische Wort kann auch »Räderwerk« bedeuten.
  8. 11,15 Wörtlich: Sie sind fern vom Herrn.
  9. 11,16 Oder: bin ihnen ein wenig.
  10. 12,10 Wörtlich: dem Fürsten. – Gemeint ist König Zedekia. So auch in Vers 12.
  11. 12,12 Oder: damit er das Land, das er verlässt, nicht mehr sieht.
  12. 12,13 Denn Zedekia wurden die Augen ausgestochen.